Wenn man besonnen, aber dennoch aufmerksam durch die Grossstädte Chinas schlendert und bewegt, wird einem erst bewusst, wie viel an Werbefläche von westlichen Marken eingenommen wird. Egal, ob es eine beschriftete Wand, ein Plastikbehälter oder eine Konsumtragtasche ist, die Markenstrategie im chinesischen Markt ist einzigartig und wirkt durch das westliche Auge mit all dem Überfluss an Markenartikeln überwältigend, dominierend, ja zugleich sogar teilweise schockierend. Wir – stellvertretend für westliche Bürger gemeint – sind erstaunt über einzelne Kommunikationsansätze, welche teilweise in unserem Verständnis nicht immer nachvollziehbar sind. Vieles erscheint als Neuland und weckt in uns ein grosses Interesse, die Welt der Kommunikation auf der anderen Seite der Weltkugel nachzuvollziehen und letztlich zu verstehen. Doch bei genauerer Betrachtung fällt uns auf, dass wir mit den meisten westlichen Marken, die an Ort und Stelle ihre Produkte vermarkten, schon längst vertraut sind.
Die meisten Marken wie Starbucks, Coca-Cola oder McDonalds kommen uns in erster Linie bekannt vor. Dennoch erstaunlich, fokussieren wir uns nur auf den Index (Terminus) – in den meisten Fällen sind es Farben, Formen oder Bildmarken. Der Name der Firma wird uns durch die chinesischen Schriftzeichen und dessen angepasste Marketingstrategie enthalten. Dies erschwert der westlichen Gesellschaft die genaue Identität der Marken und kann zu Kommunikationsproblemen führen.
Wenn man zum Beispiel einem Taxifahrer sagt, er soll zu dem nächstgelegenen McDonalds fahren oder man bei einem Verkäufer eines Kleinwarenladens eine Coca-Cola bestellt, werden die das Bedürfnis des Kunden nicht verstehen. Nun stellt sich automatisch die Frage, ob man sich nicht klar genug formuliert hat oder der Dienstleister dies einfach nur ignorierte. Denn aus westlicher Sicht sind diese Marken universell und können, auch wenn man die Sprache nicht spricht, klar gedeutet werden. Aber gerade hier ist der springende Punkt. In China werden Markennamen grundlegend neu definiert.
Geschichte und Ursprung fangen lange vor den Einführungen von westlichen Markenartikeln nach China an. Nach der Machtübernahme von Mao Zedong im Jahre 1949 ergriff der chinesische Staat die Massnahme, die chinesische Schreibkunst allen Bürger und Bürgerinnen zugänglich zu machen. Um dies in kurzer Zeit zu realisieren, wurden die chinesischen Schriftzeichen vereinfacht. Heute existieren zwei unterschiedliche chinesische Schriftzeichen. Das vereinfachte Chinesisch und das traditionelle Chinesisch. Letzteres wird heute weitlaufend in Taiwan, Macau, Singapur und in Hong Kong gesprochen und so angewendet.
Nach der Einführung der vereinfachten Schreibkunst wurde im Land der Mitte unter Deng Xiaping im Jahre 1976 – im Rahmen der Reform- und Öffnungspolitik – eine radikale Abkehr von Maos Prinzipien angestrebt und proklamiert. So kam es, dass die Pforten für westliche Unternehmen und deren Produkte – mit gewissen Einschränkungen – geöffnet wurden. Die westlichen Unternehmen, welche grosses Interesse für den Markt von 1,3 Mrd. Einwohnern bekundeten, waren gewillt, ihre Marke unter ihrem eigenen Namen in China zu platzieren und zu vermarkten. Der Aufforderung und Vorgabe eine chinesische Firma zu diesem Zweck zu gründen, wurde willentlich Folge geleistet. Aus Optik des Staates wurden so Devisen für das erforderliche Grundkapital beschafft und dem Grundsatz der gesetzlich erforderlichen chinesischen Namensgebung nachgelebt.
Es darf als verständlich angenommen werden, dass es kein einfaches Unterfangen für die Firmen ist, sich einer chinesischen Namensgebung zu unterstellen und dennoch als Brand wahrgenommen zu werden. Es ist primär zu berücksichtigen, dass ein einzelner chinesischer Charakter ein Wort oder eine Bedeutung darstellt, welcher im falschen Kontext leicht missverstanden werden kann. Diese Feststellung kann sowohl für das Unternehmen als auch für den Markt von grosser Bedeutung sein. Unweigerlich muss dieser Prozess mit einer chinesischen Agentur, welche mit der Kultur, der Marke und den Vermarktungszielen bestens vertraut ist, betrachtet, analysiert und letztlich implementiert werden. Im Alleingang und mit westlichem Gedankengut wird ansonsten ein Auftritt mit Erfolg zu einem äusserst schwierigen, wenn nicht sogar unmöglichen Unterfangen.
Viele der erfolgreichen westlichen Marken, die heute in China positioniert sind, haben sich bei der Namensnennung und der Markenpositionierung mit prinzipiellen Fragen auseinandergesetzt.
- Sollte bei der Aussprache der Marke auf das Original zurückgegriffen werden?
- Sollte die Tonalität berücksichtigt werden?
- Sollte der ‚Claim‘ auch übersetzt werden?
- Wie weit soll die Bildmarke angepasst werden?
- Sollten die einzelnen Charaktere im Wort eine eigene Bedeutung tragen?
- Wie komplex soll die Darstellung sein?
Es ist nicht zu verkennen, dass viele Unternehmen, die sich speziell im chinesischen Markt mit Farbe und Form bei Kampagnen dem lokalen, chinesischen Markt anpassen, das Logo allerdings, als Hauptmerkmal beim Auftritt, weiterhin im Original beibehalten. Heisst konkret, dass die Bildmarke und der Name bestehen bleiben, allerdings mit zusätzlich angefügter Namensgebung in chinesischer Sprache. Der vorgenannte Entschluss, das Logo nur mit dem chinesischen Namen in die Aussenwelt zu tragen, unterstützt die Marke nicht unwesentlich. Damit wird für die chinesische Bevölkerung ersichtlich klar kommuniziert und als solches auch wahrgenommen, dass das Produkt aus dem allgemein freundlich gesinnten Westen entstammt. Dieser Ansatz gilt auch sinngemäss bei der Vermarktung von chinesischen Markenprodukten, die eine internationale Erscheinung anstreben oder heute bereits eine solche pflegen.
Es ist in der Markenpromotion und der heutigen Gesellschaft erwiesenermassen von Bestand, dass ein gut gewählter Name in Fremdsprache einen gewissen Mehrwert beinhaltet. Gelingt es, sich mit einem englischen Namen im chinesischen Markt zu etablieren, dann wird die Marke als Hype bezeichnet. Interessant zu wissen, dass bei lateinisch klingender Namensgebungen die chinesische Gesellschaft dies unweigerlich mit der lateinischen Küche assoziiert oder deren traditioneller Qualität. Bei deutscher und skandinavischer Namensgebung werden die Marken – in den meisten Fällen – in Verbindung mit Präzision, Technik und Modernität in Zusammenhang gebracht.
Was dürfen wir aus diesen Schilderungen entnehmen? Ein Markenauftritt im Ausland muss gut geplant und auf die jeweilige Kultur abgestimmt werden, damit ein möglicher Schiffsbruch durch falsche Deutung und Interpretation vermieden werden sollen.